Bankfurt: Der Dachs DAX hat sich in einem atemberaubenden Tempo an die Zehntausendermarke herangepirscht, ganz zur Freude der kleinen und großen Zocker. Gehobene Feierstimmung macht sich breit. Das Wort „Katerstimmung“ oder „Katzenjammer” ist den Beteiligten offenbar längst wieder aus dem Wortschatz entschwunden. Wer nicht gerade die Gier-Brille auf der Nase hat, der kann mit wenig geistiger Anstrengung schon den alsbaldigen Ausgang der Geschichte erahnen. So wie es aussieht, dreht der DAX bereits ohne Bodenhaftung seine letzten, sehr eleganten Pirouetten in luftiger Höhe, bevor er ganz elegant in die schwerkraftbedingte Abwärtsspirale übergehen wird.
Wir haben nicht vor, an dieser Stelle okkulte Charttechnik zu erläutern oder anderweitige Geld-Geisterbeschwörungen zu betreiben. Eher werfen wir einen nüchternen Blick auf die Rahmenbedingungen und kombinieren ihn mit einer historischen Rückblende, den Blick in den Rückspiegel, der vielen Menschen offenbar schon längst verwehrt ist. Letzteres wird uns erheblich mehr über die nähere Zukunft des DAX vermitteln können als alle Kaffeesatz-Leserei der ProfitEURe, Schein-Geld-Beschwörer und Geld-Propheten.
Wenn man einen bildlichen Vergleich der aktuellen Situation benötigt, dann möge man sich den Zehnmeter-Sprungturm im Freibad vorstellen, als 10.000er-Marke vielleicht. Anders als in echten Schwimmbädern, in denen federnde Sprungbretter im oberen Teil des Sprungturms nicht mehr zulässig sind, verfügt der Zehntausender im großen Geld-Bad auch noch über ein besonders ausgeprägtes Sprungbrett mit Super-Federung, dessen Eigenschaften jetzt vom DAX ausgiebig getestet werden. Die Geld-Jecken sind schon ganz narrisch und wollen den DAX unbedingt auch noch über der 11.000er-Marke sehen. Und zum finalen Sprung wird garantiert erst dann angesetzt werden, wenn auch das Wasser aus dem Becken nachhaltig evakuiert ist. Genau das macht offenbar den Reiz der Geschichte aus.
Historischer Abriss
Allein der Blick auf die Entwicklung des DAX seit 1959 bis heute zeigt ganz deutlich, wie ungesund und turbulent die Geschichte in den letzten Jahren geworden ist. Ging es in den ersten 25 Jahren sehr gemächlich zu, ist damit spätestens ab der zweiten Hälfte der 80er Jahre Schluss. Das ist in etwa der Zeitpunkt, zu dem der Börsenhandel mehr oder minder vollautomatisiert wurde. Bis dahin wurden entsprechende Aufträge noch von den Banken per Telefon oder schriftlich erteilt. Alles ging gemächlich seine Runden und hatte kaum Gelegenheit, im Sekundentakt auszuufern. Ab den 90er Jahren sehen wir dann nur noch ein endloses, nervöses Gezappel der Kurven. Mal ehrlich, das sieht doch allein schon beim ersten Anblick sehr ungesund aus, oder?
Inzwischen ist die Börse weltweit ein elektronisches Zocker-Paradies erster Güte geworden, für vollautomatisierte Hochgeschwindigkeitshändler. Ein computerisiertes „Las Vegas“ für alle. Das Schlachtfeld der schnellsten Rechner und alles mit dem verbindlichen Anstrich einer Religion, deren Anbetungsziel das „Goldene Kalb“ ist. Hatten wir so etwas nicht schon einmal? Ok, inzwischen ist es ein ausgewachsener Stier und man kann den Leibhaftigen sogar bewundern, den Mammon, in der Wall Street. Von vorne kennt den ja jeder, deshalb einmal eine andere aufschlussreiche Perspektive, der rückwärtige Blick auf das Tier. Wer meint, die Skulptur (siehe Foto) wäre eine künstlerische Fehlleistung, der irrt.
Sicher wäre es unnötig gewesen, dem Stier auch noch die Eier zu vergeuden Hoden zu vergolden. Richtiger wäre es natürlich gewesen, den Anus korrekt und auskömmlich vergrößert darzustellen, als ultimativen Zugang zur neuen Seligkeit. Letzteres hat man wohlweislich unterlassen. Es stellt das Geheimnis der Branche dar. Wenn auch ein Kamel schnell mal durch ein Nadelöhr ginge … dort passte jeder Banker oder Gierhals dann locker durch – versprochen! Es ist wohl auch nur noch eine Frage der Zeit, bis man vor dieser Skulptur offiziell zum Beten und Kerzen aufstellen vorbeischauen muss. Eine Pflichtübung bei der aktuell praktizierten Religion. Wir nennen das ganze Spektakel aber irrwitzigerweise immer noch „Markt“.
Blasen, nichts als Blasen
Einmal kurz in die Runde gefragt? Bei wem hat sich seit Mitte der 80er Jahre der Wert seiner Immobilie um den Faktor 20 verbessert? Damals erreichte der DAX um die 500 Zähler, heute nahe 10.000 Punkte. Oder hat sich etwa das Gehalt so entwickelt? Nicht einmal die Spritpreise haben das geschafft. Spätestens hier muss jedem klar werden, dass die durch den DAX repräsentierten Werte derzeit nichts anderes als „heiße Luft“ sind. Wohl dem der es auch sehen will. Selbstverständlich möchte man uns jederzeit genau das Gegenteil vorrechnen und von Solidität sprechen. Für einen normal denkenden Menschen dürfte sich die Diskussion darüber allerdings schnell erübrigt haben.
Die Einzigen, die noch an die Wahrhaftigkeit dieser Werte (besser gesagt der nackten Zahlen) glauben, sind allenthalben diejenigen, die für das Betrugsmodell ihre fetten Boni nachhause schleppen, die auch in etwa selbige Steigerungsraten vorzuweisen haben. Kriminalität in dieser Liga wird vergoldet und ist straffrei. Das belegt auch der ganze Handlungsstrang rund um die Euro- und Bankenkrise.
Letztlich geht die Kursentwicklung des DAX recht gut mit der Geldmengenentwicklung zusammen. Genauer gesagt, mit deren exponentiellem Wachstum in der Endphase, kurz vor dem zyklischen Zusammenbruch, wie wir es in den Geschichtsbüchern aus vergangenen Zeiten nachlesen können. Die Unterstützung für dieses Treiben kommt ausgerechnet von der Politik, also von den vermeintlichen Volksvertretern. Die sogenannte Null-Zins-Politik treibt weiter alle verfügbare Liquidität in den Bereich der Börsen, was die Indices massiv nach oben treibt. Es bedeutet allerdings nicht, dass die gehandelten Werte auch real entsprechende Produktivitätszuwächse zu verzeichnen hätten, die eine solche Kurs-Rallye rechtfertigen könnten. Es zeigt lediglich an, dass die Aktien knapper werden, die der unendlichen Menge des Geldes gegenüberstehen.
Aber auch nach dem absehbaren großen Zusammenbruch eines solchen Konstrukts werden die Blasen noch eine ganze Weile bleiben. Dann allerdings an den Händen und Füßen der Menschen, die hernach wieder rennen und schuften müssen, um aus der Notlage wieder herauszukommen. Wir kennen zwar heute die gesamten Zusammenhänge, sind aber nicht in der Lage, diese unfaire Umverteilung von unten nach oben ein für allemal abzuschaffen. Letzteres würde bedeuten, das kaputte Geldsystem zu reformieren. Dagegen wehrt sich bislang die kleine Elite der Nutznießer erfolgreich. Und wir lassen es mit uns machen!
Der Ausgang der Geschichte
Der Dax Dachs, als Namensvetter des Frankfurter Zahlenwunders, ist ein scheues Wesen. In jedem Fall symbolisiert es die Zukunft dieser Zahlenreihen viel besser als der in der Wall Street aufplusterte Bulle mit seinen Klöt(z)en. Des Dachs originäre Heimat ist meist etwas tiefer gelegen, ziemlich solide gebaut und nach Möglichkeit etwas ruhiger. Wir können jetzt über den Zeitpunkt rätseln, zu dem er seinen Bau wieder aufsucht, nicht aber über die Tatsache dass er es tut.
Betrachten wir dazu die Kurven des DAX, dann wird es wohl mit einer leichten Korrektur nicht mehr getan sein. Auch die jüngere Vergangenheit zeigt, dass Einbrüche von 50 % im Krisenfall eher die Normalität sind. Und das ist nur auf den Normalfall gemünzt! Kommen jetzt noch andere schwerwiegende Probleme hinzu, wie beispielsweise die originären Unzulänglichkeiten unseres Geldsystems, dann dürfte das Abwärts-Potenzial noch erheblich größer ausfallen. Genau genommen warten wir nur noch auf den zündenden Funken.
Es geht auch nicht darum Panik zu verbreiten, sondern lediglich jetzt schon zu erkennen, welcher Wahnsinn dort gerade auf die Spitze getrieben wird. Wir sind alle live dabei und es rollt an. Genau dieser Irrsinn wird uns eher früher als später überrollen. Bitte sorgen Sie jetzt für den korrekten Sitz ihrer Scheuklappen. Blicken sie bitte starr auf den 10.000er und genießen bis dahin völlig unbeschwert den DAX in luftiger Höhe, so rund um die 10.000. Vielleicht auch noch bei 11.000. Wir sehen uns dann alle alsbald dort wieder, wo der Dax Dachs zuhause ist … zum gemeinsamen Beweinen der guten alten Zeiten.
Ich habe einen Vorrat für ein Jahr der völligen Unabhängigkeit, garantiert. So etwas ist eine echte Herausforderung.
Die zyklischen Krisen des Kapitals sind gar keine Krisen, sondern die schnellste Möglichkeit gigantische Vermögenswerte aus der Mitte der Gesellschaft nach oben zu transferieren.
Betroffen sind nicht die Besitzlosen, denn sie verfügen weder über Aktien noch Spareinlagen.
Teil-enteignet wird der Mittelstand und somit deren jahrzehntelange Arbeitsleistung.
Im Gegensatz zu den Kommunisten, die dem Volk gleich alle Vermögenswerte wegnehmen, gehen die Plutokraten etwas cleverer vor. Sie berauben das Volk immer nur um einen Teil ihres Vermögens. Woraufhin sich die Betroffenen bemühen, durch Mehrarbeit die Verluste auszugleichen. Alles nur um dann in der nächsten Krise wieder teil-enteignet zu werden.
Das Fatale an diesem irrwitzigen und idiotischen „Spiel“ ist, dass es abermillionen Menschenleben fordert, die Gewalt, Hunger und Vertreibung erleiden und ihm zum Opfer fallen, damit dieses tote „System“ am laufen gehalten und befeuert werden kann.
Ich durfte hier ja schon öfters sehr gute Artikel lesen, aber dieser hier topt sie alle!
Danke euch!
Hat mich gleich zu einem Nachtrag veranlasst. https://dudeweblog.wordpress.com/2013/11/24/uber-das-konsumgebaren-das-unterhaltungstreiben-und-die-plappermentalitat-der-schuldgeldknechtschaftssklaven-dreckskapitalismus-teil-ii/
Wer gewillt ist Widerstand zu leisten, erhält hier ein paar Anregungen.
http://www.widerstand-ist-recht.de/
Noch so ein Kamel wie unser WiKa.
Super ! Danke.
Tja, wer ist denn nun das Schaaf und wohin darf es denn gehen?
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Wieviele Schuster oder Schafzüchter braucht es denn so?
Vor Windoof war alles besser. Hört sich an, wie meine Eltern, irgendwie so…Früher gab es Trachten heute Niedertracht?
Fragen über Fragen.
Das Fliesskom(m)a und die Globalisierung. Das Fliesskomma arbeitet ununterbrochen und die Arbeitskraft benötigt Pausen oder schuftet für Appel und Ei. Ich komm irgendwie nicht drauf.
Exponentieller Wachstum ist doch was nettes. Tante Google mal nach Dax mit log Skala anschauen. Sieht weder ungesund noch turbulent aus. Flauten erholen sich so schnell wie sie entstehen.
Danke, Manuel, für diesen klärenden und einzig vernünftigen (leider sehr kurzen) Beitrag! Bei dem Schwachsinn, der da oben verzapft wird, sollte man wirklich lieber gleich abschalten. Aber Bildchen sind ja so schön und lassen sich herrlich einfach missbrauchen, um seine Sicht der Dinge – „alles wird turbulenter und liegt in der Hand von Zockern und dem bösen bösen `System´“ – zu begründen. Leute, ein klein wenig Mathe-Wissen würde Euch helfen, logarithmische Maßstäbe bei langen Zeitreihen zu verstehen und richtig zu interpretieren. Was Ihr hier macht, ist nichts als Polemik.
Ja, das ist richtig, da steckt viel Polemik drin. Aber ich denke, wenn Du den Leuten in den 20er Jahren die logarithmischen Maßstäbe richtig erklärt hättest, oder vielleicht auch noch kurz vor der Währungsreform nach dem zweiten Weltkrieg, dann wären die System garantiert niemals gecrasht. Wie immer sind die Überbringer der Botschaft die Übeltäter … auch das ist geschichtlich verbürgt. 🙂 Bestens Du freust Dich einfach, das für Dich der Crash nicht stattfindet. Das ist doch cool, gelle …