Anne Karre: Es ist eine ziemlich verworrene Angelegenheit. Wer blickt eigentlich bei dem Terror, insbesondere in der Türkei, überhaupt noch durch? Der IS gilt eigentlich als guter Freund des türkischen Despoten Erdoğan. Bislang jedenfalls liefen die Geschäfte recht gut. Das in Syrien durch den IS geklaute Öl, konnte wunderbar über die Türkei in aller Herren Länder verkauft werden, um die Kriegskasse des IS straff zu halten. Auch offene Grenzen an der Türkei, an den Stellen, an denen auf syrischer Seite der IS hauste, waren Ausdruck dieser in inniglichen Liebschaft.
Sollte sich das alles kurzfristig geändert haben? Hat der IS der Türkei etwa die Freundschaft aufgekündigt? Warum also sollte ausgerechnet der IS in der Türkei Bomben werfen? Jedenfalls wird massiv in diese Richtung orakelt: Anschlag in Istanbul • Was für IS-Anhänger als Täter spricht … [N-TV]. Normalerweise würden sofort die Kurden in Betracht kommen. Angesichts der Erdoğan’schen Politik wäre es nicht ausgeschlossen, wenn sich jetzt weitere, interne Oppositionsgruppen auf den gewalttätigen Weg machen, um dem Despoten Erdoğan einen Riegel vorzuschieben.
Sollte der letzte Anschlag tatsächlich vom IS ausgeführt worden sein, befürchten wir schlimmste Konsequenzen. Der „Kampf gegen den Terror“ ist ja normal bis obligat und wir haben uns alle schon gut daran gewöhnt, dass wir den benötigen um mehr Sicherheit zu bekommen. Das ist in der Türkei nicht anders, denn auch dort muss der Terror gerade für die Verschärfung von Gesetzen herhalten. Wir warten stündlich auf die Gewalt-Versprechungen, die Erdoğan dem IS machen wird. Es ist damit zu rechnen, dass er auch die Grenzen für diese tapferen Kämpfer dichtmachen wird.
Darüber hinaus wird er dem IS vermutlich noch androhen, die Kurden nicht weiter zu bombardieren. Nichts Schlimmeres könnte derzeit dem IS passieren. Halt, doch … Erdoğan könnte sich noch entschließen die Bomben, statt auf die Kurden, nunmehr auf den IS zu werfen. Aber so weit wird es sicherlich nicht kommen, denn niemand in der Region hat ein Interesse daran, dass der Terror dort vorzeitig ausstirbt (Russen ausgenommen), nicht einmal USA und NATO, die gemeinsam immer noch fieberhaft darauf wetten und große Einsätze dafür bringen, dass irgendwelche gemäßigten Terroristen den Pascha al-Assad niederbomben.
Nun gut, man kann sich überhaupt nicht mehr sicher sein, wer heute wirklich den Terror veranstaltet. Ob es wirklich echte Terroristen sind (die sind meistens von den USA oder den Saudis ausgerüstet), oder unechte Terroristen, die meist von irgendwelchen Geheimdiensten direkt ins Rennen geschickt werden und vorzugsweise im Namen irgendwelcher anderen Terrorbrüder die Bomben unters Volk bringen. In diesem speziellen Fall könnte man etwas anderes vermuten, beispielsweise, dass das NATO-Heimholungswerkes gerade ein Exempel statuiert. Eine gezielte Aktion, die Erdoğan daran erinnern möchte, dass er auch noch echte Freunde hat, die er nicht vernachlässigen darf. Das sind die ko(s)mischen Jungs, die ausbrechende NATO-Mitglieder ganz sanft wieder einzufangen suchen, mit Bomben eben. Wer mehr über NATO-Friedensengagement erfahren möchte, muss nur mal mit dem Stichwort „Gladio“ losziehen.
Für letztere These spricht Erdoğans jüngster Versuch so eine Art „Gang nach Canossa … [Wikipedia]“ anzutreten, diesmal allerdings nach Moskau: Erdoğan entschuldigt sich für Kampfjetabschuss … [ZEIT]. Aktionismus, weil ihm in der Heimat gerade der Hintern brennt, denn der Tourismus ist dank seiner großartigen Politik fast vollständig zum Erliegen gekommen. Der Terrorismus scheint für seine Landsleute nicht so lukrativ zu sein, wie für den Erdo-Clan.
Russlandbesuche und Russlandavancen im Allgemeinen, werden nur sehr ungern von USA und NATO geduldet. Immerhin ist Russland derzeit ein aussätziges Pfui-Land, ein Schmuggelkind unter den Nationen, mit dem man einfach nicht spielt (wenn man Westfernsehen hat). Darüber hinaus könnten solche Kontakte auch den sorgsamen Aufbau eines neuen Feindbildes der NATO stören. Also lassen wir es einfach mal offen, wer dieses Blutbad in Istanbul am Flugplatz veranstaltet hat, Erdoğan selbst wird die hart gegebenen Zeichen der Zeit sicherlich richtig zu deuten wissen und seine herrschaftlichen Schlüsse daraus ziehen … vermutlich ganz andere, als die, die wir gerade zu verkosten bekommen.
Nach†gedanke: Was wäre eigentlich, wenn über den gesamten weltweiten Terror nur noch auf Seite 17 in weniger als drei Zeilen berichtet würde? Vermutlich wäre der ganze Terror binnen Wochen und Monaten einfach vorbei? Allein schon weil er keine Aufmerksamkeit mehr hätte. Bezüglich der Anzahl der Toten ist der Terror ja heute schon eine lahme Ente und allen nachfolgenden Sparten auch in der Einzelwertung elend unterlegen: Selbstmörder, Alkoholtote, Nikotintote, Drogentote und zuguterletzt noch die Verkehrstoten. Nun, keine dieser Sparten eignet sich, das durchzusetzen, was man im Namen des Terrors weltweit wie ein Heimspiel aussehen lassen kann. Deshalb brauchen wir auch weiterhin den Terror und allzeit auf der Titelseite.
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