Schöne neue Welt: Das menschliche Sein setzt immer ein gewisses Maß an Ordnung voraus. Dafür geben wir uns von Tag zu Tag immer neue Gesetze und weitere tolle Bestimmungen, nach denen sich dann die Menschlein zu richten haben. Jetzt kommt von der anderen Seite des Kanals, von der Insel, einmal mehr eine völlig innovative Idee, die das Zeug hat, endgültig den Durchbruch am Arbeitsmarkt bei der Optimierung der Volksausbeute herbeizuführen, die sogenannten „Null Stunden Arbeitsverträge”. Ein grandioser Gedanke, der sicherlich auch bald aufs Festland-Europa überschwappen wird. Deshalb diese kleine vorausschauende Abhandlung zu dieser Novität.
Offenbar wollte man es als kleines Geheimnis gerne noch eine Weile unter Verschluss halten. Nun aber hat der „Guardian“ einfach das Maul aufgemacht und das „Betrübsgeheimnis“ verpetzt, dass es von dieser Sorte Arbeitsverträge schon erheblich mehr in England gibt, als die Regierung dort bisher einzuräumen bereit war. Hier der Bericht des Guardian (englisch). Nicht dass sich die Regierung für den puren Kapitalismus dort schämt, das wäre ungewöhnlich, dürfte es doch auch dort vielmehr nur um Ruhe und Frieden gehen, wenn man überlegt und genießend zu einem solchen Thema schweigt.
Bergriffsklärung ➽ Volksausbeute
Um jetzt etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, machen wir einen kleinen Abstecher zu Wikipedia, hier zum Begriff >>> Ausbeute <<<. Anhand dieser Definition kann jeder unschwer dir Grundzüge der Ausbeutung erkennen, wenngleich die präzise Definition der „Volksausbeute“ bedauerlicherweise noch keinen Eingang in diese als umfänglich geltende Wissensdatenbank gefunden hat. Wir nehmen daher die Präzisierung dieser Definition vorweg:
Volksausbeute (Humankapital), ist der zu erwirtschaftende Reinerlös durch den Gebrauch von Menschen zur Schaffung realer Werte, nach Abzug aller Neben- und Betriebskosten unter Berücksichtigung des natürlichen Schwunds der Ressource. Ist die Ressource billig genug, dann spielt Schwund keine Rolle, man kann sie gegen ∞ (unendlich) ein- und ersetzen, solange auch nur der geringste Überschuss damit zu machen ist.
Sind wir doch mal ehrlich! Träumen wir nicht alle davon so unsere „Nächsten“ verheizen verwenden zu können? Bedauerlicherweise – die wenigsten merken es – werden sie nur selber in dieser Weise benutzt, dafür aber immerhin in dem guten (kostenfreien) AberGlauben gelassen, sie seien etwas wert. Die Maxime der optimalen Verwertung eines Rohstoffes ist ja nicht neu. Diese Theorie ist inzwischen auch in unserer Politik angekommen und feiert just neue Höhen unter dem Stichwort Ökologie, denn auch hier ist man darum bemüht möglichst wenig für einen maximalen Output einzusetzen. Bewegt sich also alles im Rahmen durchgestylter und anerkannter Theorien.
Die Vorzüge der Null Stunden Arbeitsverträge
Selbstverständlich handelt es sich bei diesen Verträgen um rechtlich saubere, verbindliche und vollwertige Arbeitsverträge und geleistete Arbeit wird auch vergütet. Es entfällt halt nur der Anspruch auf Arbeit, aber damit kann ja jeder Mensch bequem leben, ist es doch ohnehin eher von Übel arbeiten zu müssen.
Der größere Pferdefuß liegt natürlich darin, dass nur tatsächlich gearbeitete Stunden auch vergütet werden, daher auch die vorsichtige Null Stunden Regelung. Eine ziemliche trockene Abhandlung dazu ist diese hier: Null-Stunden-Vertrag … [Wikipedia]. Im Übrigen hat sich der Arbeitnehmer natürlich an den Vertrag zu halten, wie der Arbeitgeber auch, dafür macht man ja Verträge. Nur einige Details dazu noch im Telegrammstil, damit jetzt jedermann bei seinem Arbeitgeber einmal dieses innovative Produkt nachfragen kann.
- Der Arbeitnehmer steht generell 24h auf Abruf bereit … es könnte schließlich jederzeit Arbeit anfallen. Vorteil für das Unternehmen: Hohe Flexibilität, auf jede Marktsituation prompt und kostengünstig reagieren zu können. Vorteil für den Arbeitnehmer: Gegebenenfalls sehr viel unbezahlte Freizeit.
- Krankengeld gibt es nicht, weil ein kranker Arbeitnehmer selbstverständlich nicht zur Arbeit einbestellt wird. Soviel soziale Verantwortung ist auch den Arbeitgebern auf der Insel nicht fremd und solange es nichts kostet, kann jeder Arbeitnehmer seine Krankheiten nach Herzenslust ausleben.
- Urlaub ist möglich, aber eher unwahrscheinlich, wegen der notwendigen hohen Verfügbarkeit des Arbeitnehmers. Wegen der oftmals geringen Stunden die faktisch gearbeitet werden, erübrigt sich dies auch, weil die Arbeitnehmer zumeist gar kein Geld mehr für einen Urlaub haben. So erwächst hieraus eine beidseitige Win-Win Situation, bei der der Arbeitnehmer stets ausgeruht von der Couch zum nächsten Arbeitshäppchen springen darf, dies nun doppelt leistungsfähig.
- Was natürlich zu verständlich ist. Der Arbeitnehmer – wollte er sich eine andere Arbeit suchen – benötigt dazu gemäß Arbeitsvertrag die vorherige Genehmigung seines Arbeitgebers. Dies schützt auch den Arbeitsmarkt vor Überflutung und sorgt für Planungssicherheit beim Arbeitgeber. Es ist immer gut schon im Vorfeld zu wissen, wenn jemand beabsichtigt sich der wohlwollenden Planung eines Arbeitgebers zu entziehen.
- Der Mindestverdienst kann garantiert nicht unter Null fallen, ein ganz klarer Fortschritt gegenüber der Arbeitslosigkeit, die noch erheblich negativer zu bewerten ist.
- Um auch dem legendären „Stöhnfaktor“ des Arbeitnehmers noch gerecht zu werden, kann dieser bereits ab der ersten Arbeitsstunde jeden Handschlag als Überstunde feiern. Dies ist zwar gemäß Arbeitsvertrag nicht mit einer Mehrvergütung verbunden, aber am Stammtisch kann er sagen, er mache fortwährend und immer nur Überstunden. Das hört sich staatstragend und wichtig an und sollte ihn in der Achtung seiner Nachbarn und Freunde steigen lassen.
Wer jetzt aufmerksam die ganzen Vorteile dieses neuen Konstrukts mitgeschrieben hat, der kann heute bereits Wetten abschließen, wann dieses auch hier bei uns ankommen wird. Die Vorzüge sind gnadenlos, dienen der ultimativen Gewinnoptimierung und machen den Menschen zu dem was er aus Sicht des Kapitals bereits seit Jahren ist. Ein reines Konsumgut. Auslutschen und wegwerfen, neues Humankapital wächst ökologisch nach und verschlissenes kann ebenso ökologisch abgebaute werden, es verrottet sang- und klanglos „9 Feet under“.
Schon über eine Million Null Stunden Verträge auf der Insel
Der Fortschritt lässt sich also nicht ausbremsen, auch nicht in Puncto Volksausbeute. Viele Dumping-Unternehmen haben diese neue Vertragsform dort bereits für sich entdeckt und selbst der öffentliche Dienst, sprich die Regierung, liebäugelt mit einem vermehrten Einsatz dieser überaus profitträchtigen Arbeitsverträge. Die ultimative „soziale Sicherung der Konzerne“ und „Shareholder” rückt in greifbare Nähe!
In den Blickpunkt der Öffentlichkeit geriet diese Praxis durch das englische Königshaus. Auch dort nahm man dankend über diverse Subunternehmer die besonders günstigen Dienstleistungen dieser Klientel für den Hof gerne in Anspruch. Schließlich muss auch dort gespart werden.
Es ist nur noch ein kleiner Schritt, bis die Menschen wieder aus purer Begeisterung für die Monarchie, gar noch Geld mitbringen, um für das Königshaus arbeiten zu dürfen. Erst mit dieser Referenz in den Papieren kann man dann richtig Werbung für sich machen und an anderer Stelle dann arbeiten ohne noch Geld mitbringen zu müssen.
Wie der Guardian weiter berichtet, schnellt die Anzahl dieser Verträge in ganz unterschiedlichen Branchen rapide in die Höhe. Wenig verwunderlich, wenn man die Liste der Vorzüge noch im Kopf hat. Die Tatsache, dass sich immer mehr Menschen auf solche Verträge einlassen, muss unstreitig als Zustimmung zu unserem modern(d)en Wertesystem interpretiert werden. Wäre es anders, müssten wir ja erheblich mehr von prekären Zuständen reden oder wenigstens hören, die aber kommen nicht wirklich vor in unserer schönen neuen Welt.
Hätten die Amerikaner schon vor Jahrhunderten dieses innovative Arbeitsmarktinstrument gehabt, dann hätten sie sich locker den Befreiungskrieg Nord- gegen Südstaaten ersparen können. Es hätte gereicht den Farbigen allen einen solchen Arbeitsvertrag in die Hand zu drücken und schon wäre das gesamte Thema vom Tisch gewesen.
Schade um die späte Einsicht und die vielen Toten die es damals gekostet hat. Heute sind wir schlauer und wissen wie man es richtig macht und sogar die Geschichte können wir um Jahrhunderte zurückdrehen, ohne die Zustände so wie damals benennen zu müssen. Alles ist vertraglich und rechtlich bestens und super sauber geregelt.
Prognose im Vergleich zu Maschinen
Ein letzter vergleichender Hinweis mit Blick auf unsere Leistungs- und Produktivgesellschaft darf natürlich nicht fehlen. Dieser Modus-Vivendi stellt absolut die Wettbewerbsfähigkeit des Menschen gegenüber der Maschine wieder her. Ein Maschine kostet in der Anschaffung und damit kostet auch jede Stunde Stillstand (Zinsen).
Genau an dieser Stelle hat der Mensch nun die Apparatur geschickt ausgetrickst und sich gegenüber der Maschine den entscheidenden Vorteil wieder zurückerobert. Selbst bei der Entsorgung, nach totalem Ausgebrauch oder Defekt, entstehen, anders als bei einer Maschine, für den Arbeitgeber nicht einmal Entsorgungskosten, wenn ihm mal so ein zum Gebrauch überlassener Mensch verreckt.
Unter diesen Bedingungen prognostizieren wir eine alsbaldige weltweite Vollbeschäftigung dank Null Stunden Arbeitsverträge. Nur eine Frage der Zeit, bis dessen Erfindung mit dem Wirtschaftsnobelpreis geahndet wird, denn jetzt kann sich jeder der noch ein paar Kröten hat, das Humankapital (unsere Tipps und Tricks) auf Halde legen und nach Bedarf einsetzen. Auf diese Art und Weise sind schnell schon mal ein paar Millionen Menschen in Arbeit bringen … von Lohn und Brot reden wir an dieser Stelle jetzt besser nicht.
Ob da wohl ein Übersetzungsfehler vorliegen könnte? Sind „normale“ Arbeitnehmer gemeint oder doch vielmehr Politiker und Bankster. Denen würden solche Null Stunden Verträge Sehr gut anstehen!
Ich glaube, ich muss Dich enttäuschen, da war beim Guardian tatsächlich nur die Rede von Arbeitern und Angestellten (vornehmlich Arbeiter) und nicht von Workoholics … dem Tenor Deiner Einschätzung möchte ich ansonsten nur zu gerne folgen.
Streng genommen lebt die ganze halbwegs zivilisierte Menschheit eigentlich nur dafür, den Zinsgewinnern dieser Welt ihr leistungsloses Kapitaleinkommen zu erarbeiten, während die hohe Politik ihre Zeit damit vergeudet, die durch die Zinsumverteilung verursachten sozialen Spannungen mit einer Flut von Gesetzen zu bekämpfen, die nur die Freiheit aller zusätzlich und immer weiter einschränken, bis sich am Ende gar nichts mehr bewegt.
http://opium-des-volkes.blogspot.de/2011/07/was-passiert-wenn-nichts-passiert.html
Die „Hohe Politik“ vergeudet keine Zeit! Sie verdient feste mit !!!
Soweit ich das bis hierhin verstehe einmal kurz erläutert,hm?
Wer soll denn die ganzen „Virtuellen“ Geldberge noch anschaffen?
Soviele Sklaven gibts auf der ganzen Welt nicht.
Die virtuellen Geldberge – sprich „Schuldenuhr“ – in den klimatisierten Betonburgen rennt ununterbrochen rund um den Globus.
Da gibt es aber Reale Menschen (sprich „Sklaven“), die noch ab und an Schlafen und auch mal Freizeit haben.
Ein Dilemma…und keinem fällt was ein.
Da mache ich als normaler Mensch doch lieber den Versuch, geistig Gesund zu bleiben.
Ich lebe in einem System. Das System kann ich nicht mit einem Paukenschlag beenden.
Die nächste Wahl kommt bestimmt.
Und da gehe ich auch wieder Wählen.
Zu dieser Wahl habe ich auch Vertrauen.
Nur geht ja bald niemand mehr wählen.
WARUM NICHT?
Wen wähle ich denn da?
Denjenigen, der es am Ruhigsten angeht.
Ganz einfach
Was interessiert mich irgendein Zeitungsartikel?
…und noch na, na, na…
Da scheint jemand mächtig die Hebeln zu tätigen. Sogar Lyrics kommen raus, auch mal ohne Orchester. Bin vom Staunen Lyricslos.
Schuldigung, wenn ich es so Sage, aber ich bevorzuge den YT Reißverschluss am Mund, bevor ich mich in die intellektuelle Mühltonne begebe.
Mal so meine Meinung, so tolerant ich bin…
Du hast noch vergessen, dass dies ein effektives Mittel zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit sein kann.
Somit hätte auch unsere Regierung Interesse aus Propagandasicht.
Kann sich noch jemand an die 35-Stunden Woche erinnern????
Bei vollem Lohnausgleich!!!!
Lang, lang ist’s her.
Gibt es nicht so ein Modell schon bei der Deutschen Post? So eine Art Springer für Briefträger.
Ich habe da vor ein paar Wochen so was in Radio gehört.
MfG: M.B.