Wulffs reuige Entschuldungsrede im Wortlaut, extended

Wulffs reuige Entschuldungsrede im Wortlaut, extendedSchloß Schönblick: Wie immer ist qpress den Gazetten um eine ganze Pinocchio-Nasenlänge voraus. Nach der persönlichen Erklärung von Christian Wulff durchsuchten wir den gesamten Berliner Polit-Müll, auf der Jagd nach einem ganz speziellen Rede-Script und wurden dabei auch fündig. Uns war klar, dass die Rede von Christian Wulff an sich knapp und bündig ausfallen musste, zu groß die Gefahr mit jedem unbedachten Wort nur einen weiteren Diskussion-Fels loszutreten. Uns war aber ebenso bewusst, für den sensationellen und unwahrscheinlichen Fall, dass die Journalie bereits vor Beginn seiner Rede „Zugabe“ geschrien hätte, eine „extended Version“ der Rede vorliegen musste. Weil die Rufe nach Zugabe zu Beginn der Veranstaltung ausblieben war die Kürze der Rede nicht wirklich verwunderlich und die Dehnstellen in dem Script konnten sauber ausgelassen werden, ohne dass die Presse am Ende mit dem Gefühl von dannen zog zu kurz gekommen zu sein. Das Ergebnis war überzeugend.

Wir haben jetzt wieder einen glaubwürdigen, durch weihnachtliche Vergebung geläuterten, Präsidenten. Dieser Eindruck vertieft sich, sofern man die gedachten und zuweilen frei erfundenen Stellen dieser Rede hinzunimmt, hier also das ganze Spektakel, nicht gesagtes farblich, kursiv abgesetzt:

Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, (liebe anwesende Dreckspatzen,)

Sie alle wissen (ich habe es bis heute nur geahnt), dass in den vergangenen zehn Tagen über Vorgänge aus meinem Privatleben breit berichtet worden ist (was an sich schon eine Unverschämtheit ist). Sie betreffen die Zeit vor meiner Amtszeit als Bundespräsident und haben eine sehr kritische Kommentierung gefunden (aber wegen ihrer Überalterung rein gar nichts mit der heutigen Situation zu tun). Ich habe (keineswegs) das Bedürfnis (nach den penetranten Forderungen der Presse), mich auch persönlich zu diesen Vorgängen zu äußern (die Prostitution, nur des Amtes wegen, kotzt mich an).

Alle Fragen zu den Vorgängen nehme ich sehr ernst (weil es zu diesem Theater dazugehört) und habe deshalb für volle Offenheit im Hinblick auf die Finanzierung unseres Einfamilienhauses gesorgt (was verdammt nochmal niemanden etwas angeht). Sowohl, was den Privatkredit anbelangt, als auch, was alle Verträge und alle Konditionen der Geldmarktkredite bei der BW-Bank anbelangt (solche Schnäppchen sind nichts für jedermann). Alle Auskünfte sind erteilt worden, auch zu Konditionen. Vom Bankgeheimnis ist umfassend befreit worden (und es wäre zu schön, liebe Journalisten, wenn ihr jetzt endlich mit eurer Wühlerei aufhören würdet).

Außerdem habe ich die Ferienaufenthalte bei Freunden offengelegt (was nun wahrlich nichts zur Sache tut), die Dokumente liegen seit Montag bei einer dazu beauftragten Rechtsanwaltskanzlei aus (weil die eine Haftpflicht haben, wenn da was schief geht). Und es ist ja gelegentlich auch Einsicht genommen worden (was ich als äußerstes Misstrauen mir gegenüber empfinde).

Bis heute habe ich über 250 Einzelfragen jedweder Art nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet (an die Details kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern). Davon viele, die Einzelheiten aus meinem Privat- und Familienleben betreffen (wozu ich nun überhaupt nicht verpflichtet gewesen wäre und nur dem Druck von der Straße nachgebe).

Ich weiß und finde es richtig, dass die Presse- und Informationsfreiheit ein hohes Gut ist in unserer freiheitlichen Gesellschaft (sie müsste nur ein klein wenig eingeschränkt werden). Das bedeutet gerade für Amtsträger, jederzeit die Wahrnehmung ihrer Aufgaben vor der Öffentlichkeit zu erläutern und gerade auch im Grenzbereich zwischen Dienstlichem und Privatem, zwischen Amt und privat, die erforderliche Transparenz herzustellen (sofern der Druck es gebietet). Das ist, wie viele von Ihnen auch wissen, nicht immer leicht, gerade, wenn man an den Schutz betroffener Familienangehöriger und Freunde denkt (die zwar mitgefeiert haben aber ohne Amt und Würden sind und deshalb einen besonderen Schutz genießen). Aber es ist eben notwendig, denn es geht um Vertrauen in mich und meine Amtsführung (was mir dem Grunde nach völlig egal sein könnte, denn ich habe einen unkündbaren Vertrag solange ich mich an einige Spielregeln halte).

Mir ist klar geworden, wie irritierend die private Finanzierung unseres Einfamilienhauses in der Öffentlichkeit gewirkt hat (selbst ich habe die Komplexität nicht auf Anhieb erfassen können). Das hätte ich vermeiden können und müssen. Ich hätte auch den Privatkredit dem niedersächsischen Landtag damalig offenlegen sollen (aber nicht wollen). Das war nicht gradlinig, und das tut mir leid (weil es der unselige Einstieg in diese verflixte Kiste gewesen ist). Ich sehe ein, nicht alles, was juristisch rechtens ist, ist auch richtig (denn dieser Maßstab muss auch weiterhin fürs Volk Gültigkeit behalten. Aber Ausnahmen sollten für die Elite schon machbar sein).

Ich sage aber auch deutlich, zu keinem Zeitpunkt habe ich in einem meiner öffentlichen Ämter jemandem einen unberechtigten Vorteil gewährt (das war im Freundeskreis mit so einem tollen Titel auch gar nicht nötig). Persönliche Freundschaften sind mir, gerade auch menschlich, wichtig (denn nur so kann man die Vorzüge des Lebens und eines tollen Amtes auch genießen). Sie haben aber meine Amtsführung nicht beeinflusst (da habe ich mit anderen Beratern alles selbst entschieden). Dafür stehe ich (hoffentlich auch morgen noch kerzengerade).

Ich bedauere, dass ich mich von meinem Sprecher Olaf Glaeseker trennen musste, und danke ihm an dieser Stelle für seinen großartigen Einsatz an meiner Seite. Ich habe ihm viel zu verdanken und wünsche ihm für weitere berufliche Herausforderungen alles erdenklich Gute (nur musste er auch einmal lernen, dass es in den Fahrwassern des Dienstherren einfach nicht dieselben Freunde und Privilegien gibt, diese Erkenntnis fehlte ihm noch in seiner Laufbahn, jetzt ist er fit).

Meine Damen und Herren, ich weiß um meine Verantwortung als Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland (als Grüß-August der Nation und Präsident der christlichen Partei-Herzen, das Volk war mir auch vorher schon schnuppe). Ich werde das Amt auch in Zukunft gewissenhaft und mit ganzer Kraft ausfüllen (konsequent nach den Vorstellungen meiner Wähler). Denn wir stehen vor großen Aufgaben in unserem Land, in Europa und in der Welt (dagegen nimmt sich meine persönliche Krise eher bescheiden aus). Und ich will und werde meinen Beitrag dazu leisten, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen (keine Party und keine Absprache auslassen). Dafür bitte ich die Bürgerinnen und Bürger auch zukünftig um ihr Vertrauen (welches mir bislang verweigert wurde).

Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen unabhängig von dieser Erklärung ein gesegnetes Weihnachtsfest, ein gutes Jahr 2012. Wir (meine Freunde und ich) werden auch in diesem Jahr 2012 weiterhin gut zusammenarbeiten. So hoffe ich doch (dass Sie und die Presse mich endlich in Ruhe und meines Amtes walten lassen).

Dem gibt es natürlich nicht sonderlich viel hinzuzufügen, sonst hätten wir es schon gemacht. Richtige Qualen hingegen litten wir bei der Bildauswahl zu diesem Artikel. Wie um Himmels Willen bekommen wir den Papst in Wulffs Westentasche. Sollten wir das ganze nicht einfach nur Schwarz/Weiß darstellen? Natürlich war auch ein Negativ-Bild von Wulff in der Lostrommel. Christliche Nächstenliebe sollte nicht fehlen und auch dass Wulff inzwischen die Karikatur seiner selbst ist. Wie nur, kann man so etwas passend, stimmungsvoll und staatstragend zu einem so wichtigen Anlass und natürlich auch zu diesem weihnachtlichen Sünden-Vergebungs-Rausch rüberbringen? Klar, es geht, man muss nur alle Wahrheitsfilter drüber herlaufen lassen, dann sieht es am Ende recht nett aus und so fand sich dann doch noch der passende Titel zum Bild: „Unter Freunden“ – eine Tugend die unter allen Menschen gelten sollte, hätten diese doch nur das Vermögen es auch stil- und würdevoll umzusetzen.

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Die verkommene Wahrheit unserer Zeit ist so relativ und dehnbar wie das Geschrei der Konzern-Massen-Medien daselbst. Erst der schräge Blick durch die Blindenbrille, in stockfinsterer Vollmondnacht, eröffnet darüber hinaus völlig ungeahnte Perspektiven für den Betrachter. Überzeichnung ist dabei nicht zwangsläufig eine Technik der Vertuschung, vielmehr ist es die Provokation gezielter Schmerzen, die stets dazu geeignet sind die trügerische Ruhe zugunsten eigener oder andersartiger Gedanken zu stören. Motto: „Lässt Du denken, oder denkst Du schon?“

14 Kommentare

    • Jo … darf man, wobei es natürlich sehr vorteilhaft wäre, wenn die Links einen gewissen Bezug zum Thema hätten … wenngleich Dein Link sicher einen guten Unterhaltungswert hat und sich auch gut anhört … 🙂

  1. Die Kultur in diesem Deutschland liegt komplett unterirdisch.
    Dafür steht dieser Präsident.
    Ich werde meinen Kindern nicht sagen, dass ich von nix was gewusst habe.

  2. Wenn ICH bei Wikipedia den Suchbegriff „Kultur“ eingebe, erscheint da eine Seite mit einem Bild des griechischen Parthenon.
    Ahäm

  3. Oha, habe ich das da oben gestern geschrieben? Manchmal habe ich so Zustände, da kann ich vollkommen frei assoziieren und am nächsten Tag erkenne ich keinen Zusammenhang mehr. Ich glaube fast,ich sollte Politiker werden,oder?

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